In der Tschaikowskistraße 51 (Niederschönhausen) steht noch immer das Gebäude der irakischen Botschaft der ehemaligen DDR – oder was davon übrig ist. Das Haus, im Plattenbaustil mit Carrara-Waschbeton-Fassade errichtet, hatte auffallende Brüstungselemente. Auch ein großflächiger Garten und eine Terrasse gehörten zum Grundstück. Nach der Wiedervereinigung und dem Golfkrieg hatten 1991 die Botschafter die Residenz mehr oder weniger fluchtartig verlassen. In den mehr als 20 Jahren danach ist alles verrottet und verwildert. Morsches Material, Schimmelbildung und Zerstörung prägen das Bild.
Geplündert und verwüstet
Das Innere des Hauses ist verwüsteter als man annehmen könnte. Denn es sind mittlerweile viele Jahre vergangen, in denen sich niemand um das Botschaftshaus gekümmert hat. Vandalen waren dafür hin und wieder dort. Auch nahmen Neugierige immer mal wieder etwas mit, das ihnen wertvoll erschien, beispielsweise Propaganda-Postkarten. Nach dem Irakkrieg hatte es auch noch viele Portraits des Diktators in den Räumen gegeben. Heute liegen damals wichtige Akten und Visa-Anträge auf dem Boden herum. Alleine schon aus Datenschutzgründen ist dieser Zustand verwunderlich.
Auf den Tischen stehen damals benutzte Schreibmaschinen, als wäre die Zeit stehengeblieben und eingefroren. Immer mal wieder gab es damals Gerüchte, dass in dem Gebäude Attentate geplant worden waren und Terrorverdächtige unterkamen. Eine Bombe ist dort aber nicht eingeschlagen, auch wenn es so scheint. Glasscherben liegen verstreut herum und Möbel sind umgestürzt.
Verlassener Ort für Geschichtsinteressierte
Heute können in der ehemaligen irakischen Botschaft Geschichtsinteressierte stöbern und Fotografen geisterhafte Bilder machen. 2003 war ein Brand ausgebrochen, was den Zustand nicht verbesserte. Man ging von Brandstiftung aus. Für diejenigen, die sich für die wechselhafte Geschichte der DDR, aber auch des Iraks interessieren, bieten die Hinterlassenschaften noch immer einen Wert. Aus Regierungszeiten Saddam Husseins ist aber nicht mehr so viel übrig wie einst.
Als das Gebäude zu Beginn der siebziger Jahre gebaut wurde, waren 5000 Quadratmeter eine riesige Fläche. Noch immer wird deutlich, wie wichtig der nicht-sozialistische Irak für die Deutsche Demokratische Republik war. 1969 wurde der irakische Staat von der DDR diplomatisch anerkannt. Im Jahr 1980 lud Saddam Hussein Erich Honecker nach Bagdad ein. Bei dem Treffen ging es um einen Waffenhandel.
Ungeklärte Eigentumsverhältnisse
Seltsamerweise ist für den Plattenbau im Stadtbezirk Pankow niemand so richtig zuständig. Die Eigentumsverhältnisse sind noch immer ungeklärt. Auch wenn das Grundstück Eigentum der Bundesrepublik ist, so steht im Grundbuch ein Nutzungsrecht für den Irak. Die neue irakische Botschaft, in Zehlendorf gelegen, interessiert das alte Gebäude ebenso wenig wie den Irak.
So gammelt es weiter vor sich hin, ist aber für einige zum Kult geworden. Der britische Fotograf Walead Beshty bediente sich beispielsweise des ungewohnten Anblicks und gab eine Bilderserie heraus. Auch Parties und Videodreharbeiten finden gelegentlich in der ehemaligen Botschaft statt. Denn eine solche Kulisse, wie sie in dem Botschaftsgebäude ganz natürlich entstanden ist, ist schwer bewusst mit Requisiten herzustellen.
Adresse
Tschaikowskistraße 51, 13156 Berlin