Eine außergewöhnliche Veranstaltung findet seit 1956 jährlich in der Universitätsstadt Tübingen statt: das Stocherkahnrennen. Dabei fahren diverse Gruppen in ihren Kähnen ein Rennen auf dem Neckar. Einzig zugelassenes Antriebsmittel ist dabei eine Stocherkahnstange – und die Hände der jeweils acht Insassen.
Was einst en Traditionsrennen war, ist heute eine unterhaltsame, fast karnevaleske Veranstaltung mit viel Klamauk und Kostüme. Spaß steht hier für die Teilnehmer und das Publikum im Vordergrund.
Die Ursprünge dieses in dieser Form einzigartigen Rennens reichen sogar bis ins 16. Jahrhundert zurück. Inzwischen hat es sich zu solch einer Attraktion entwickelt, dass jedes Jahr eine fünfstellige Zahl an Zuschauern die Ufer des Neckars säumt.
Während die Teilnahme zu Beginn nur für Studentenverbindungen zugelassen war, hat man die Zugangsbeschränkungen inzwischen stark gelockert, sodass in den letzten Jahren jeweils mehr als 50 Boote an den Start dieses jeweils zu Fronleichnam ausgetragenen Rennens gingen.
Geschichte des Stocherkahnrennens
Zurück zum Anfang: Aus dem 16. Jahrhundert stammt eine erste bildliche Darstellung eines Stocherkahns im Raum Tübingen. Schon im 19. Jahrhundert gab es dann studentische Rennen mit diesen Kähnen.
Die moderne Variante entstand wie erwähnt im Jahr 1956, damals aus Anlass einer Einweihungsfete der Studentenverbindung Lichtenstein. Diese motivierte fünf andere Häuser, am Rennen teilzunehmen.
Was zunächst nur ein Gag für einen Tag war, entwickelte sich rasch zur Tradition. Da man das Rennen im Laufe der Jahre auch für Gruppierungen außerhalb von Studentenverbindungen geöffnet hat, wuchs die Zahl der Teilnehmer immer mehr an. Da diese jeweils ihre eigenen Freunde und Bekannten mitbrachten, wuchs auch das Zuschauerinteresse analog.
Inzwischen ist das Stocherkahnrennen ein regionales Highlight für Jedermann – ob als Teilnehmer oder Zuschauer. Fünfstellige Besucherzahlen sind an Renntagen mit gutem Wetter inzwischen die Norm in Tübingen.
Klamauk und Kostüme – Spaß muss sein
Diese Besucherzahlen wurden sicher auch dadurch gesteigert, dass das Stocherkahnrennen mittlerweile den Charakter einer karnevalesken Veranstaltung angenommen.
Jedes Jahr werden vor dem eigentlichen Rennen die besten Kostüme der Teilnehmer gekürt, die sich in kreativen und witzigen Outfits auf ihren Booten präsentieren. Diese Kostümparade stellt inzwischen den traditionellen Beginn der Veranstaltung dar. Dabei wird sogar ein Sieger mit dem schönsten Kostüm gekürt und mit einem Spanferkel prämiert. Dieses Kostümieren findet schon seit 1967 statt.
Wichtiger ist aber dennoch der Sieg beim Rennen an sich. Die abschließende Siegerehrung findet statt, wenn noch alle Boote im Wasser sind und sich nach dem Rennen am Neckarfloss versammelt haben. Einen Wanderpokal und ein Fass Bier gibt es zu gewinnen. Es geht hier also wirklich nur um die Gaudi und nicht um eventuelle Geldpreise.
Das Team des als letztes im Ziel ankommenden Bootes hat übrigens die Aufgabe, die Austragung des Rennens im folgenden Jahr zu organisieren. Für manchen vielleicht Anreiz genug, am Ende noch ein bisschen Gas zu geben beim Stocherkahnrennen in Tübingen.
Ablauf des Rennens – Kämpfe auf hoher See!
Das Rennen läuft rund um die Neckarinsel in Tübingen ab, wobei jedes Boot gleich zweimal da sogenannte Nadelöhr passieren muss – eine Engstelle unter der Neckarbrücke.
Dabei ist es den Booten explizit erlaubt, andere Boote mit den Händen weg- und zurückzudrücken, was immer wieder zu kuriosen, kampfartigen Szenen auf dem Fluss führt, welche aber letztlich friedlich ablaufen.
Den Endspurt gilt es nach der Umrundung des Brückenpfeilers mitten im Neckar flussaufwärts zu absolvieren, was den Teilnehmern noch einmal ihre letzte Energie abverlangt.
Wann findet das Stocherkahnrennen in Tübingen statt?
Wer das ganze einmal miterleben möchten: Das Stocherkahnrennen findet jedes Jahr zu Fronleichnam in Tübingen statt. Falls ihr im Pandemie-Jahr 2020 Tickets erworben habt, müsst ihr euch keine Sorge machen – diese behalten ihr Gültigkeit bis 2099.