Eigentlich sind es nicht Glocken, die man mit der niedersächsischen Kreisstadt Hameln in Verbindung bringt. Sondern es sind eher die Ratten oder besser noch der Rattenfänger, die in einem Atemzug genannt werden, wenn von Hameln die Rede ist. Die Sage soll sogar auf eine historische Begebenheit beruhen, als im Jahr 1284 genau 130 Kinder spurlos verschwanden, weil sie dem Rattenfänger folgten.
Die Gebrüder Grimm schrieben die Geschichte auf und sorgten dafür, dass bis heute rund eine Milliarde Menschen auf der Welt die Stadt Hameln kennen. Und dort finden Besucher ein sogenanntes „Hochzeitshaus“, von dessen Fassade ein Glockenspiel erklingt und die Sage vom Rattenfänger dreimal täglich durch Figuren eine Auferstehung feiert. Hier erfahrt ihr mehr das Rattenfänger-Glockenspiel in Hameln.
Ein Relikt der Weser-Renaissance
Dieses Hochzeitshaus war über einen langen Zeitraum nicht etwa jenes Gebäude, in dem sich Menschen den Bund fürs Leben versprachen. Vielmehr war dies der Ort, wo die Bürgerschaft der Stadt Hameln über Jahrhunderte ihre Feste feierte. Lange grübelten die Historiker über den Namen des Hochzeitshauses und einigten sich schließlich darauf, dass dort in der „hohen Zeit“ die Feiern stattfanden.
Und um die Einwohner von Hameln nicht länger zu verunsichern, entschloss sich der Rat dann in den fünfziger Jahren, dort nun doch das Standesamt zu etablieren. Unbestritten ist, dass das Hamelner Hochzeitshaus ein Relikt der Weser-Renaissance ist. Denn in diesem Stil wurde das Haus aus Süntel-Sandstein zwischen 1610 und 1617 errichtet.
Der Weg der Kinder durch die Altstadt
Und da die Hamelner seit jeher die Geschichte vom Rattenfänger in alle Welt tragen, werben sie selbstverständlich auch an ihrem Prunkstück in der sehenswerten Altstadt mit der Figur aus dem Märchen der Gebrüder Grimm. Wer durch die Gassen bummelt, der trifft immer wieder auf kleine metallene Platten, die den Weg weisen, den die Kinder im Schlepptau des flötenden Rattenfängers gegangen sein müssen.
Die Besucher der Stadt sind dann immer wieder begeistert, wenn vom Hochzeitshaus das Glockenspiel ertönt und die Figuren sichtbar werden. Letztere stammen aus der Ideenschmiede des Bildhauers Walter Volland, der eine Vorlage des Kunstprofessors Harro Siegel verarbeitete.
„Hier hab‘ ich so manches liebe Mal…“
Genau 37 Glocken sorgen für den „guten Ton“, wenn täglich um 9.35 Uhr das Rattenfängerlied angestimmt wird. Die Glocken intonieren den Text „Wandern durch Berg und Tal“. Um 11.35 Uhr erfreut das Spiel der Glocken die Zuhörer mit dem beliebten Weserlied: „Hier hab‘ ich so manches liebe Mal mit meiner Laute gesessen…“ Und die Figuren am Hochzeitshaus präsentieren sich um 13:05 Uhr, 15.35 Uhr und um 17.35 Uhr. Dann öffnet sich jeweils eine bronzene Tür und die Sage vom Rattenfänger von Hameln präsentiert sich in Bild und Ton. Durch die Einwirkungen des Krieges hatte das Glockenspiel gelitten und wurde im Jahr 1964 mit großem Aufwand renoviert.
Der Entdecker des Morphiums
Um den Rattenfänger von Hameln ranken sich zahlreiche Legenden, und das Mysterium hat die Stadt berühmt gemacht. Im Hochzeitshaus befand sich einst ein prächtiger Festsaal. Hier tagte das Gericht, und einige Zeit war dort auch eine Wein- und Ratsschenke untergebracht. Die historische Apotheke wurde im übrigen ehemals von einem gewissen F.W.A. Sertürner betrieben, der das Morphium entdeckte.
Wann findet das Glockenspiel in Hameln statt?
Das Glockenspiel findet jeden Tag um um 13:05 Uhr, 15:35 Uhr und 17:35 Uhr statt.
Adresse: Wie komme ich zum Rattenfänger?
Das Glockenspiel findet am Hochzeitshaus statt, welches an folgender Adresse liegt: Osterstraße 2, 31785 Hameln
als Sohn von Harro Siegel, der die Figuren des Glockenspiels entworfen und farblich gefasst hat (Herr Volland hat sie von der Gips-Vorlage in Holz umgesetzt), habe ich als Kind von damals 12 Jahren mit großen Augen ihre Entstehung beobachtet und bedauere, dass sie von der Stadtverwaltung in Hameln nicht besser dokumentiert und für Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden. Aus meiner – zugegeben nicht objektiven – Perspektive handelt es sich um ausdrucksstarke Kunstwerke, die Beachtung und Sichtbarkeit verdienen.