Gleich am Ortseingang des nordrhein-westfälischen Städtchens Lemgo fällt jedem Besucher ein ganz besonderes Fachwerkhaus ins Auge. Das zweistöckige Gebäude mit quadratischem Grundriss steht auf einem Backsteinsockel und wird von vielen Menschen sofort mit einem Hexen- oder Märchenhaus assoziiert. Tatsächlich wurde dieses Kunstwerk von Karl Junker geschaffen, der 1850 in Lemgo geboren wurde und nach einer Tischlerlehre und einem Kunststudium in den 1890er Jahren mit dem Bau dieses Hauses begann. Bis zu seinem Tod im Jahr 1912 wohnte der Sonderling und Einzelgänger in diesem Haus und arbeitete fortwährend weiter an dessen Außen- und Innenausbau. Holz dominiert sowohl die Fassade als auch die Wände und Decken in den Innenräumen. Phantasievolle Schnitzereien, Ornamente und farbige Leisten, die eine auffällige Symmetrie hervorrufen, befinden sich überall, wohin man auch blickt. Viele Räume und besonders das Treppenhaus sind mit insgesamt rund 150 hellen Wand- und Deckenbildern geschmückt.
Experten vermuten, dass sich Karl Junker während einer Italienreise in Pompeji zu diesen Malereien inspirieren ließ. Die hölzernen Innenwände sind mit Verzierungen wie eine zweite Haut überzogen und überall ragen geschnitzte, oft wurmförmige Gebilde aus den Wänden oder hängen von der Decke in den Raum hinein. Der Künstler und Handwerker schuf aber nicht nur das Haus selbst. Auch sämtliche Einrichtungs- und Dekorationsgegenstände wurden von ihm aus Holz gebaut und mit üppigen Schnitzereien verziert. In früherer Zeit hat man Karl Junker häufig als psychisch krank beschrieben aber neuere Analysen gehen davon aus, dass er wahrscheinlich ein übersensibler Mensch war und sich durch diese spezielle Wohnsituation schützen wollte. Die meisten Besucher empfinden die Atmosphäre des extravaganten Hauses, in dessen Inneren es auch bei strahlendem Sonnenschein immer relativ dunkel bleibt, als unheimlich und gruselig.
Im Untergeschoss des bizarren Gebäudes befinden sich Küche, Toilette, Werkstatt, Atelier, Lagerraum und Vestibül, während im oberen Stockwerk Wohn-, Schlaf-, Besucher- und Kinderzimmer liegen. Karl Junker selbst bewohnte allerdings lediglich drei kleine Räume im Dachgeschoss, lebte zeitlebens allein und empfing kaum Gäste. Das Haus gilt heute als Gesamtkunstwerk und gehört in die Kategorie „Outsider Art“. Es sind Stilelemente aus dem Expressionismus, dem Historismus und dem Jugendstil zu erkennen. Der eigenwillige Junker erklärte mehrmals, dass die Welt seine Werke erst in 50 Jahren verstehen würde.
Seit 1962 ist die Stadt Lemgo Besitzer des Karl Junker Hauses an der Hamelner Straße und unterhält das Museum und die angeschlossene Ausstellungshalle mit seinem übrigen künstlerischen Erbe. Heute handelt es sich wahrscheinlich um die bedeutendste Sehenswürdigkeit in Lemgo und gehört zu den absoluten „Must-sees“ in der Region. bizarre Karl Junker Haus in Lemgo hinterlässt auf jeden Fall bei jedem Besucher einen unvergesslichen Eindruck.
Öffnungszeiten
Eine Besichtigung ist während der Sommermonate von April bis Oktober dienstags bis sonntags zwischen 10 und 17 Uhr möglich. In der Winterzeit, von November bis März, öffnet das Karl Junker Haus seine Türen nur am Wochenende (Freitag bis Sonntag) von 11 bis 15 Uhr. Es empfiehlt sich, an einem Rundgang teilzunehmen, der von Führern mit großem Hintergrundwissen unterhaltsam geleitet wird. Besonders beliebt sind die „Taschenlampen Führungen“ während der dunklen Jahreszeit – ein ganz spezielles Erlebnis für Groß und Klein.
Eintrittspreise
Der Eintritt beläuft sich für Erwachsene auf 3 Euro, Kindern, Familien und Gruppen werden Ermäßigungen gewährt.
Adresse
Hamelner Straße 36, 32657 Lemgo